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Bergsport, Wandern und Kochen für Männer - Bergtour 1
 
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Bergtour1: Rotwand

 

Dieters Tourenbuch:

Aufstieg von der Wurzhütte (1085m) am Spitzingsee ca. 2,5Std. Zur Rotwand 20min.; 2.Tag Umrundung Rotwand über Taubensteinhaus

 

Unsere erste Bergtour führt uns bei Kaiserwetter zur Rotwand. Dieter, der Bergerfahrenste von uns, hat alles organisiert und wir sind mächtig gespannt, wie so eine Tour wohl gelingt. Keiner kennt die Stärken und Schwächen der Mitwanderer. Nach zum Teil mehr als 20 jähriger Freundschaft wollen alle dieses gemeinsame Erlebnis angehen. Teilnehmer sind an dieser Tour:

 

Dieter

Frank

Achim

Horst

Reiner

Hans-Werner

 

Unsere Tour fällt auf ein verlängertes Wochenende um den 01.Mai. Wir fahren mit 2 Autos und haben Gepäck für eine Himalaya Expedition dabei. Wir schleppen Rucksäcke mit Stahlgestellen, Waschzeug für den Ferienaufenthalt einer ganzen Jugendgruppe, Duschtücher mit denen sich Frauen von Kopf bis Fuß verhüllen können, Dauenschlafsäcke anstelle von Hüttenschlafsäcken, Cappiflaschen und Leibniz-Butterkekse. Also schlicht: Alles vom Feinsten aber bleischwer.

 

Die persönliche Ausrüstung aller ist dagegen eher spartanisch. Wanderhosen, Funktionswäsche und sonstige nützliche Ausstattungsdetails sind den meisten von uns fremd. Jeans, Pullover und Baumwollshirt kleiden den gutaussehenden Mann das ganze Jahr, also reicht das auch im Gebirge.

 

Mit relativ gutem Beispiel voran geht Dieter, der eigentlich auf jedem Berg zuhause ist und entsprechend ausgerüstet ist. Nach jahrelanger Erfahrung hat auch er später seine Ausrüstung modifiziert und ergänzt.

 

Erwähnenswert sind Achims Bergschuhe. Schon als Jugendlicher hat er sich in exorbitante Kosten gestürzt und stellt uns am Berg nun das Modell „Vollleder für die Ewigkeit“ vor. Diese Schuhe werden ihn noch viele Jahre begleiten. Die Bergtauglichkeit wird jedoch bei dieser Tour auf nie wieder erreichtem Niveau getestet, aber dazu komme ich später.

 

Reiner schmückt sich schuhtechnisch mit dem praktischen und billigen Modell Papa. Das heißt, er hat Papis gut eingelaufene Mephistos ausgeliehen. Die machen einen schlanken Fuß und helfen ihm auf den ersten 1000 Metern zu einem Antritt, der aus heutiger Sicht geradezu beängstigend wirkt.

 

Getoppt werden die Ausrüstungsdetails aller Mitwanderer jedoch von meinen äußerst strapazierfähigen Tennisschuhen. Ich bin nach Ankunft auf dem Parkplatz schneller angezogen als alle Mitwanderer, da die Schnürsenkel deutlich kürzer sind, als die von Wanderschuhen.

 

Der Aufstieg beginnt auf einem breiten, asphaltierten Fahrweg. Da ich gar keine Erfahrung mit Bergwanderungen habe, irritiert mich der Asphalt ungemein.

Erstens habe ich das Gefühl durch die Fußgängerzone von Mönchengladbach zu stapfen (die führt halt auch stetig bergan). Zweitens erwarte ich alle Augenblicke einen Bus, der an uns vorbeirast und eine Aufschrift „Rotwandhaus“ trägt. Um dem Bus zu entgehen schlage ich vor, bis zum Rotwandhaus zu joggen. Keiner hört auf mich und alle geben völlig blöde Kommentare ab. Selbst der schnelle Reiner grinst nur. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass sich eine Joggingeinlage lohnen wird und stelle 20 Minuten bis zum Ziel in den Raum. Eine Zeitangabe, die in unserer Gruppe bis zum heutigen Tag als Maßeinheit in den Bergen jederzeit Anwendung findet.

 

Nach wenigen hundert Metern und einigen Höhenmetern Strecke liegt trotz des schönen Wetters am Straßenrand nun Schnee. Anfang Mai in den Bergen ist das ja nichts Besonderes. Da ich stets einige Schritte vor der Gruppe gehe, sehe ich als erster dieses mysteriöse Schild kurz vor einer Schranke mit der Aufschrift: „Rotwandhaus“ und diesen Pfeil nach rechts ins Nirgendwo. Überall Schnee, Schnee und noch mehr Schnee. Und mittendrin diese einsame Spur. Fußspur für Fußspur geht es von nun an Bergauf. Kein Gedanke mehr an Jogging oder den Bus, sondern Arbeit, körperliche Arbeit. Und das mir, Vollblutbeamter durch und durch. Plötzlich wird auch dieser Rucksack auf dem Rücken schwer. Bleischwer. Ich merke jedes Gramm, dass ich überflüssigerweise mitschleppe.

 

Ja und nun fängt der Spaß erst richtig an. Ich trage doch Tennisschuhe. Gut gelüftet. Mit Löchern auf der Fußspitze. Die Schuhe sind Klasse fürs Jogging und sie beleben das Tennisspiel, dass ich nie gespielt habe. Am Berg im Schnee wird man dann doch nachdenklich. Nach 2 Minuten und 23 Sekunden ist der erste Wassereinbruch an Loch 13 an den Kaleu zu vermelden. Es wird auf dieser Tour nicht der letzte sein. Irgendwann merkt man es gar nicht mehr. Zur eigenen Freude fangen nach und nach auch die Wanderfreunde an, sich über nasse und kalte Füße zu beklagen. Geteiltes Leid ist doch halbes Leid. Sogar das Modell „Ewigkeit“ kann in dieser Disziplin nicht ganz überzeugen.

 

Der Schnee liegt sehr hoch. Mindestens 70-100 cm. Da der untere Schnee hart gefroren ist, sinkt man meistens nur etwa knietief ein. Aber um den Aufstieg nicht gar zu leicht zu machen, bricht man bei jedem 20. Schritt ein und steckt bis zur Leiste im Tiefschnee. Soviel Abwechslung haben wir danach auf keiner Tour mehr gehabt.

 

Aber auch so ein Aufstieg hat ein Ende. Und was für eins. Nach ca. 2, 5 Stunden (gefühlt mindestens 4 Stunden) erreichen wir das Rotwandhaus. Und hier gibt es Bier. Reichlich Bier. Die ersten beiden halben verdunsten auf dem Weg in den Körper.

 

So gestärkt möchte sich der schnelle Reiner, der sich am Anfang ja durch seine quirlige Art ausgezeichnet hat, nun gerne etwas erfrischen. Munter lässt er uns nach der Dusche fragen. Die spontane Antwort des Hüttenwirtes: „Oben, den Gang lang und dann am Ende rechts.“ begleitet von einem freudigen Lächeln.  Unser Reiner nimmt das freudig auf, holt sein Megaduschtuch und die xxl-Kulturtasche und eilt dem Ziel entgegen.

 

Tja so bitter kann das Leben sein. Statt Villeroy und Boch, Keramag und Fliesenstudio…  -  Entsetzen pur. Es gibt 2 Waschgelegenheiten. Die Form entlehnt sich hart am Vorbild der geschmeidigen Viehtränke, formvollendet durch jeweils 3 Wasserhähne an einer Leitung.

 

Zu unser aller Freude gibt es fließendes Wasser.  Dennoch hat die Sache einen Haken, da die Physik beschissen wurde. Dass Gefrorenes fließen kann, war uns bis dahin nicht bekannt. Ich hab es danach auch nie wieder erlebt.

 

Reiner ist jetzt nicht mehr ganz so glücklich und beklagt ein wenig, dass er das Duschtuch wohl ganz umsonst getragen hat. Thats Life.

 

Am Abend wird noch ein kurzer Aufstieg auf die Rotwandspitze eingeschoben. Hier gibt es den ultimativen Rundblick über die Alpen. Besonders erwähnenswert finde ich, dass am Gipfelkreuz eine Hinweistafel auf die Bergspitzen, die gesehen werden, angebracht ist. Es ist einfach herrlich. Die Strapazen sind auf der Stelle vergessen und es wird nur noch genossen.

 

Der zweite Tag hat wieder viele neue Facetten. Zuerst mal trockene Schuhe. Die durften über Nacht im Küchenofen schlafen und sind schön mollig warm. Zumindest so lange bis ich vor die Tür komme. Dann ist wieder alles wie am Tag zuvor. Wir haben einige Videos gedreht, die in ziemlich drastischer Form den Wassereinbruch belegen, zu sehen an der Szene, wo ich auf der einzig schneefreien Frühlingswiese meine Socken auswringe.

 

Tja apropos Video. Manchmal fragt man sich beim Betrachten von dieser Aneinanderkettung von Einzelbildern doch, warum man Freunde hat. Im Tiefschnee vor der Hütte versunken, ausgelacht und wieder zurückgeworfen zu werden, ist nicht wirklich nett. Es macht sich zwar in Sendungen wie „Versteckte Kamera“ gut, aber der geneigte Verfasser dieser Zeilen zweifelte doch an der Moral der lieben Mitwanderer.

 

Außerdem gehen wir am zweiten Tag ohne diesen vermaledeiten Rucksack auf einem Rundweg. Einfach herrlich, wie leicht gehen sein kann. Als kleine Einlage müssen wir zweimal die Spur eines Lawinenabgangs queren. Gott sei Dank ist der Schnee schon im Tal und wir kommen unbeschadet rüber.

 

 Unser Tagesziel ist die Zaubensteinhütte. Hier werden wir von einer traumhaft schönen Sonnenterasse empfangen, auf der wir es uns kulinarisch und erholungstechnisch gut gehen lassen. Spätestens hier steht für mich fest, dass ich bei einer zweiten Tour auf alle Fälle dabei bin.

 

Auf dem Rückweg zum Rotwandhaus füttern wir die allgegenwärtigen Bergdohlen. Außerdem nutze ich einen Abhang zum Proberodeln. Ich habe eine Plastiktüte, die ich zum Rodel umfunktioniere. Die Theorie besagt, dass man damit hervorragend den Hang runterkommt. Die Praxis hinkt der Theorie leider ein wenig hinterher. Erstens komme ich nicht besonders gut in Fahrt und zweitens betätige ich mich als Schneepflug mit gleichzeitiger Aufnahme des gelösten Schnees. Das  hat einen Vorteil. Ich vergesse augenblicklich meine nassen Füße, da ein nasskalter Rücken ungleich unangenehmer ist.

 

Vor der Einkehr in die Hütte wird noch einmal die Spitze anvisiert. Da wir aus Richtung Westen kommen führt der kürzeste Weg an einer Kante vorbei, die mit reichlich Altschnee bedeckt ist und an deren linken Ende ein Abgrund von ca. 200m Tiefe liegt. Frank und Dieter nehmen die Variante grade aus und durch und sind nach etwa 20 mutigen Schritten am Ziel und fordern uns auf, einfach zu folgen. Erfahren, wie wir als Neueinsteiger in ein Hobby fürs Leben sind, schreckt Reiner, Achim, Horst und mich der Blick ins Nichts so sehr, dass wir uns relativ spontan zu einem kurzen Abstecher über die tiefer gelegene Almwiese entscheiden. Nach nur „20 Bergsteigerminuten“, die wir hauptsächlich auf allen vieren vorwärts kriechend verbracht haben, stehen wir total verdreckt und ausgelaugt an der gleichen Stelle wie Frank und Dieter und können den Rest des Weges wieder gemeinsam angehen.

 

Eine insgesamt phantastische Tour geht viel zu schnell zu Ende. Wir treten am 3. Tag unseren Rückweg an. Wieder müssen wir stundenlang durch den Tiefschnee stapfen. Es hat jedoch zwei Vorteile. Erstens geht es bergab etwas leichter als bergauf und zweitens wird man moralisch aufgerüstet, weil im Auto schon trockene Straßenschuhe auf uns warten.

 

Die stundenlange Rückfahrt nach Hause treten wir gutgelaunt und mit der Gewissheit, nicht unsere letzte Wandertour erlebt zu haben, an.

 

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