Bergtour 11: Oberstdorf
Teilnehmer:
Dieter
Frank
Michael
Reiner
Hans-Werner
Dieters Tourenbuch:
Aufstieg mit Fellhornbahn zum Fellhorn 1967m und zur Fidererpaßhütte 2067m; 2.Tag Krumbacher Höhenweg zur Mindelheimerhütte 2058m; 3.Tag Abstieg zur Haldenwangerbach und über Schrofenpaß zur Rappenseehütte 2091m
Wat machen wir denn dieses Jahr? Soll es denn wieder Osttirol werden, weil das Wetter sooo schlecht ist, oder gibt es eine „normale Tour“, die unser Pfadfinder Dieter ausgekundschaftet hat? Die alljährlich spannende Frage wird vor Fahrtantritt mit Oberstdorf beantwortet.
Dieter möchte uns mit einigen Schmankerln im Allgäu erfreuen. Rundschau auf die Klettersteige, Nebelhorn, Skiflugschanze und was das Herz noch so begehrt.
Der Aufstieg wird uns diesmal ordentlich versüßt. Es geht mit der Fellhornbahn nach obi (wie der Bayer sagt: auffa oder auffi). Wir parken unser Gefährt auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz der Bahn und stellen erstmal fest, hier wird ordentlich geneppt. Der neu eingeführte Teuro wird gleich mal an den Stadtsäckel weitergeleitet.
Diesen Frust vergisst man allerdings schnell, wenn man die Menschenmassen an der Bahn anstehen sieht. Also einreihen, und schon mal anfangen, Witze zu reißen über die Standfestigkeit von Seilbahnen an sich und der Fellhornbahn im Besonderen. So wird es schnell leerer. Dann noch mal 15 Euronen an das Stadtsäckel für die einfache Bergfahrt und schon beginnt der Spaß.
Nach der Fahrt mit der gut gefüllten (Quetsch)Bahn, die im Übrigen auch noch über eine Mittelstation verfügt, kommt man kurz unterhalb des Gipfels an. Hier laden einige Bänke zum Verweilen und Panorama genießen unter vielen gleich gesinnten ein. Das machen dann auch einige von uns, der schäbige Rest reiht sich in die Herde aufwärts strebender Gipfelstürmer ein, um das erste Gipfelkreuz der Tour anzusteuern. So ist halt der Massentourismus, da muss man mit, es ist alles bezahlt quasi orlinklusiff. Das finden wir dann mal schön!!
Jetzt geht es aber geschwind weiter, denn es wird früh dunkel und unser Weg zur Fiderepasshütte muss auch noch bewältigt werden. Also Hoppalahopp, denn der Müller kriegt beim Wandern Lust o.s.ä.
Herrliches Bergwetter begleitet unseren Weg. Die Fernsicht ist hervorragend, und wir haben nach wenigen Metern auch schon die meisten der Fellhornbahnbenutzer verloren. Das ist das Gute an Bergbahnen, der geneigte Fußfaule, Fußkranke oder sonst wie an ausgedehnten Wanderungen nicht so doll interessierte, bleibt einfach in der Nähe der Bahn und verstellt uns nicht den Weg. Wir laufen ca. 3 Stunden bis zur Hütte, weil wir, wie immer, nicht auf der Flucht sondern auf Wanderung sind. Außerdem akklimatisieren wir noch. Eigentlich akklimatisieren wir immer. Auch so kommt man ans Ziel.
Das Ziel ist die Fiderepasshütte. Doch was ist hier los. Die Hütte ist rappelvoll. Irgendwie haben es diese vermaledeiten Bergbahnbenutzer geschafft, einen anderen, zu dem viel kürzeren Weg zu dieser Hütte zu nehmen, um vor uns hier zu sein. Ich zweifele schon an Dieters Karte und suche nach der Abkürzung, die mir versagt geblieben ist.
Es stellt sich dann jedoch heraus, das es gar keine Abkürzung gibt, wir sind nur nicht in Osttirol oder im Ötztal auf 3000 m Höhe, sondern in den Allgäuer Alpen. Hier ist Bayern. Hier gibt es Bayern und richtige Deutsche, und zwar von beidem jede Menge. Gut das Dieter immer vorbestellt. Unser Nachtquartier ist gesichert. Leider ist das mit dem Platz in der Gaststube nicht so. Es ist wirklich schön am Nachmittag an der Hütte an zu kommen und sich auf die Terrasse zu setzen, um die ersten Bier und die Magenwanderweiterer zu genießen. Bei einbrechender Dunkelheit, herbstlicher Abendkühle und Schweinebraten möchte ich doch lieber in der guten Stube hocken. Aber es geht nicht. Es sind nämlich nicht wirklich Bergbahnstadtsäckelfüller auf der Hütte, sondern so gestörte wie wir, die tagelang unnütz durch die Berglandschaft rennen und den tiefen Sinn des Lebens suchen. Es gibt nur einen Unterschied. Die anderen sitzen drinnen und nehmen uns den Platz weg, den wir so gerne hätten. Stattdessen haben wir den Abendhimmel voller Sterne (davon gibt es in Bayern definitiv für die Touristen ein paar Milliarden mehr als in NRW) ganz für uns. Wir finden das schön, ist ja orlinklusiff s.o.
Als wir ordentlich durchfroren sind und auch der beste Obstler nicht mehr weiterhilft, finden wir noch ein winzigkleines Eckchen im „Privatzimmer“. Nein, nein… keine falschen Verdächtigungen bitte. Es handelt sich tatsächlich um ein Nebenzimmer, das der Allgemeinheit normaler weise nicht zugänglich ist, weil der liebe Hüttenwirt den Zugang durch ein lapidares Schild mit der Aufschrift „Privat“ versperrt. Hier laden uns die Bergführer, die sich im Zimmer tummeln, ein, uns dazu zu gesellen und uns aufzuwärmen. Es wird ein leerreicher, unterhaltsamer Restabend. Schade dass wir erst so spät restlos durchfroren waren.
Der nächste Tag, der nächste Berg. Der Krumbacher Höhenweg lädt uns ein. Dieser Höhenweg dient als Ausweich zum Mindelheimer Klettersteig.
Es ist halt nicht jedem vorbehalten, sich mit Klettersteigausrüstung in den Fels zu bewegen. Es liegt auch nicht jedem „1 x jährlich einen Wanderwegplatttreter“ über quer liegende Leitern zu balancieren. Da soll sich jeder so verwirklichen, wie er meint, dass es richtig für ihn ist. Wir haben jedenfalls beim Anblick der ausgesetzten Passagen eine Nähmaschine im Knie und wählen die ruhige Variante Krumbacher Höhenweg. Der Weg ist recht einfach. Die Rundschau ist jedoch prächtig, zumal sich immer wieder einmal Blicke auf die Kraxler im Klettersteig ergeben. Manchmal wird man dann doch neidisch und fragt sich, hätte ich das auch gekonnt. Aber wir wollen sicher und gesund am Ziel erscheinen und die Krankenkasse nur mit unseren latenten Rückenleiden nicht jedoch mit akuten Brüchen schädigen.
Kurz vor der Mindelheimer Hütte treffen sich die beiden Wege wieder. Hier wartet bereits ein Wanderer auf seine übermütige Gattin, die den Klettersteig allein bewältigt hat. Sie ist voller Adrenalin, freut sich diebisch, dass sie den Steig bezwungen hat und versichert uns, dass alles einfach war. Na ja, die Bilder haben uns anderes gezeigt.
Die Hütte ist, wie nicht anders zu erwarten, auch gut gefüllt. Die meisten Besucher kennen wir bereits vom Vorabend. Nur heute sind wir zuerst und besetzen einen wunderbaren Tisch, den wir auch nicht mehr preisgeben werden für den Rest des Tages.
Am nächsten Tag führt uns ein Pfad von der Mindelheimer Hütte abwärts über Weidehänge zur Speicherhütte. Am Haldenwanger Bach biegen wir qb und erreichen den Schrofenpass. Der Weg führt uns im ständigen auf und ab zur Oberen Biberalpe und durch den wilden Mutzentobel zur Rappensee Hütte (2.092 m).
Diese Hütte ist riesig. Schon die Interneteinträge besagen, dass eine Reservierung nicht oder nur für große Gruppen nötig ist. Stimmt auch. Die Hütte ist trotz ihrer exponierten Lage als Ausgangspunkt des „Heilbronner Weges“ nicht annähernd voll.
Am letzten Tag steht wieder einmal der Abstieg und Rückweg zum Auto an. Der Weg führt an der Skiflugschanze vorbei. Wenn der geübte Flachländer und Hobbyskiläufer sieht, dass die Cracks sich da runter stürzen, werden die Knie weich. Das darf doch wohl nicht wahr sein. I Fernsehen sieht das ja alles ganz harmlos aus. In Natura sind die Dimensionen richtig gigantisch. Das da überhaupt einer auf die Idee gekommen ist, solch eine Anlage zu entwickeln. Wenn ich mit meinen Skiern mal 5 oder 6 weit springe bin ich schon froh, heil wieder aufzukommen.
Wir schauen, dass wir rechtzeitig an unserem Gefährt ankommen, damit wir noch zur Mittagszeit in Oberstdorf speisen können. Es ist ein wenig beschwerlich, im Rahmen der Rückfahrt einen vernünftige Gaststätte anzusteuern. Rollt der Verkehr, will man nur schnellstens heim. Steht man im Stau gibt es sicher nix zu essen. Also besser vorher speisen und hoffen, es geht dann ohne Stau durch. Wir fahren also in den Ort und suchen nach einem geeigneten Lokal. In einer Stadt mit geschätzten 2oooooooooo Touristen eine nicht ganz leichte Aufgabe, es gibt halt an jeder Ecke was zu picken. Das beantwortet aber nicht die Frage, wo es schmeckt.
Doch es gibt die ultimative Rettung. In Oberstdorf gibt es noch den original Hühner-Hugo in Form eines Wienerwaldlokals. Mann, das sind ja mal Kindheitserinnerungen. Samstags einkaufen in Gladbach und zum Schluss der Spruch: heut bleibt bei uns die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald. Alles ist wie damals. Halbes Hähnchen mit Pommes auf dem Teller, Glas Cola und Erfrischungstücher für die Fettfinger. Ich find es richtig Klasse. Erstaunt bin ich dann doch, als 2 meiner Begleiter erzählen, dass sie zum ersten Mal im Wienerwald essen. Das hält sie aber nicht davon ab, sich gleich mal die große Schlachtplatte mit geschätzt 42 Teilen Großgockel einzuverleiben. Na denn: Mahlzeit! :-)))