Bergtour 9: Ötztaler Alpen
Dieters Tourenbuch:
Aufstieg von Vent 1895m zum Martin-Busch-Haus 2501m; 2.Tag über Seikogel 3355m zum Hochjochhospiz 2412m; 3.Tag Über Vernagthütte 2755m zur Breslauer Hütte 2844m
Teilnehmer:
Dieter
Achim
Frank
Reiner
Hans-Werner
Dieses Jahr soll es etwas höher hinausgehen. Wir haben bisher immer Wald um uns herum gehabt, da wird der Bergsteiger nicht ganztägig von der Sonne verwöhnt. Also starten wir unsere Tour gleich oberhalb der Baumgrenze, dann gibt es auch keinen Stress mit Schatten.
Kaum in Vent angekommen, stelle ich fest, dass ich hier richtig bin. Nicht zum Wandern, sondern zu meiner Lieblingsdisziplin - Skifahren. Rund um das Ötztal sind Liftanlagen in ausreichender Zahl vorhanden. Zu meinem Verdruss lassen wir aber alle Liftanlagen unberührt. Meine Wandergesellen wollen Schusters Rappen quälen. Gott Lob hat der liebe Gott gleich am Start ein Gasthaus vergessen, so dass wir uns erst mal gebührend stärken dürfen.
Da heute nur 600 Höhenmeter vor uns liegen, können wir es gemütlich angehen lassen.
Das Martin Busch Haus liegt schon ordentlich hoch. 2501 m sind kein Pappenstiel. Dahinter sieht man überall Gletscher. Vor vielen Jahren gingen die Gletscher bis auf die Höhe der Hütte, was man am Fels ringsum gut erkennen kann. Wer weiß, wie lange wir noch auf Gletscher schauen werden.
Für den zweiten Tag ist ein langes Programm vorgesehen. Wir starten deshalb schon früh, da wir aus der Erfahrung am Wilden Kaiser gelernt haben. Der Weg lässt sich zuerst mal gut an. Aber nach weiteren 300 Höhenmetern ist Schluss mit lustig. Ab hier gibt es Fels und Geröll oder Geröll und Fels. Wer gerne eine neue Straße anlegen möchte und noch Keinen Schotter hat, sollte hier kurz anfahren und mitnehmen, die nächsten Wanderer werden es danken.
Wir quälen uns die restlichen 550 Höhenmeter bis zum Seikogel hinauf. Kurz vor dem Gipfel hat es sich zugezogen und es beginnt zu schneien. Ich bin bekannt für Liebe zum Schnee, doch in 3300 m Höhe gibt es schöneres. Das Wetter möchte uns noch mehr abverlangen und deshalb kommt auch noch ein Gewitter auf. Das ist äußerst unangenehm, da weit und breit kein Schutz für uns erkennbar ist.
Wir beratschlagen, was wir nun am Besten tun. Zurück zu Martin Busch oder vor zum Hochjochhospiz. Die Entscheidung fällt nicht leicht, doch wir wählen das Hochjochhospiz, da wir nach der Zeitbeschreibung für die Tour etwa den halben Weg geschafft haben. Insgesamt ist es für die Fortführung der Tour die richtige Entscheidung gewesen, da wir unser Programm wie geplant beenden konnten. Allerdings weiß ich bis heute nicht, ob eine Umkehr nicht doch die bessere Entscheidung ist. Bei einer Umkehr hat man den entscheidenden Vorteil, den Weg bereits zu kennen. Muss Hilfe bei solch schlechter Witterung geholt werden, kennt jeder den Weg und die Wartenden wissen in etwa, wie lange es dauert bis mit Hilfe zu rechnen ist.
Wir gehen jedoch wie bereits erwähnt weiter, und ich werde es bereuen. Der Weg führt über einen langen Grat, rechts 150 m steil abfallend, links sind es 200m bis wieder fester Boden unter uns ist, bzw. es gibt dort nur Eis und Schnee in Form von Gletschern. Wir treten auf Fels überdeckt von Schneeregen bei eisigen Temperaturen. Es ist sauglatt und ich habe meine Schuhe grade neu besohlen lassen. Diese Sohle ist zwar auf Bergpfaden Spitze, aber hier ist sie zu glatt. Ich laufe wie auf Eiern und rutsche dauernd aus.
Ich bin der einzige in der Gruppe, der keine Stöcke besitzt. Mich stören diese Essstäbchen mehr, als dass sie mir auf normalen Wegen helfen. Jetzt könnte ich sie dringend gebrauchen. Da ich weiß, wie es mir geht, frage ich keinen anderen, ob er auf einen Stock verzichten kann. Ich bin am Rande des Nervenzusam-menbruchs und bestehe auf einer ausgiebigen Pause. Ich möchte gerne diese glatten Felsen verlassen und es auf dem Gletscher versuchen. Vielleicht kann ich auf Eis besser vorwärts kommen, außerdem falle ich dort nicht 150 m in die Tiefe. Gott sei Dank sind alle anderen von dieser Schnapsidee überhaupt nicht begeistert. Stattdessen geben sie mir einen Stock zur Hilfe. Und siehe da, ich komme besser voran. Es ist immer noch kein Zuckerschlecken, aber jetzt geht es. Als wir endlich den Grat überwunden haben, machen wir erneut eine Pause und ich beschließe, mir im nächsten Jahr auch Stöcke zu besorgen. Seit dem laufe auch ich meistens mit Stöcken, obwohl sie mich anfangs nicht überzeugen konnten.
Wir haben noch einige Stunden Weg vor uns, also beeilen wir uns ein wenig. Wir überwinden einen Bach ohne Brücke und eine abenteuerliche Brücke über einen anderen Bach.
So kommen wir endlich zum Platz, an dem früher das Hochjochhospiz gestanden hat. Es ist nicht bekannt, warum die Hütte abgebrochen wurde, es ist auf alle Fälle für uns sehr traurig. Denn nun stehen wir kurz vor der neuen Hütte. Leider hat die Natur zwischen uns und der Hütte ein Tal gelegt. Es geht 150m bergab bis zu einem Gebirgsbach und von dort wieder 150 m bergauf bis zur Hütte. Ein Seil zum rüberhangeln, ein Hängebrücke, irgendetwas, was uns diesen Abstieg erspart. Es darf doch nicht wahr sein, dass nach so einem Tag noch solch eine Einlage folgen muss. Ist aber so. Und wer schlafen möchte, muss klettern. Pech gehabt. Mal verliert man und sonst gewinnen die anderen.
Am nächsten Tag laufen wir los zur Breslauer Hütte. Der Weg führt über die Vernagthütte, in der wir, wie nicht anders zu erwarten, Pause machen und uns ausgiebig stärken. Beseelt vom süßen Wein ist der Weg noch mal so schön. Nun noch hopp hopp zur Breslauer Hütte. Dies ist die höchstgelegene Hütte, in der wir auf unseren vielen Touren genächtigt haben. Trotzdem bietet diese Hütte viel mehr Luxus, als andere Hütte, die wir besucht haben.
Den Rückweg am letzten Tag können wir ein wenig abkürzen, in dem wir die Sesselbahn nutzen. Siehe da, es kommt von den Seilbahnmimöschen keinerlei Einwand mehr. Auch diese Herren haben gelernt.